Ein Drehbericht
Ich habe mir eine neue Kamera gegönnt, die Blackmagic Ursa Mini 4.6K. "Probleme muss man haben" war demnach also ein erstes kleines Testprojekt. Hier nun ein kleiner Drehbericht zu meinem satirisch angehauchten Kurzfilm.
Inhalt:
Wir Deutschen jammern gerne über unsere Probleme. Doch was macht man, wenn man gar keine Probleme hat?
Vorbereitung:
Ich hatte mal in einer Folge TV-Total gesehen, dass es tatsächlich eine Firma gibt dessen Geschäftsmodel das Verkaufen von Problemen ist.
Hier dazu mal ein Link mit Video: Tv Total - Need a Problem
Die Webseite www.needaproblem.com ist allerdings nicht mehr aktiv, daher scheint es wohl nicht ganz so funktioniert zu haben wie es sich die Betreiber erdacht hatten. Ich fand die Idee jedoch trotzdem sehr spannend und habe daraufhin ein Drehbuch geschrieben.
Nachdem ich eine erste Version der Geschichte zu einer meiner Darstellerinnen geschickt hatte, wurde alles schnell ein Selbstläufer. Sie schickte es nämlich wiederum weiter und schon hatte ich in weniger als 24 Stunden vier Darsteller und zwei Locations zu Verfügung. Tags darauf schon, haben wir uns in Köln getroffen und die Dinner Schlussszene gedreht.
Der Dreh:
Der Dreh lief weitesgehend unproblematisch ab. Ich wollte bewusst den Dreh in zwei Tage splitten, damit wir uns etwas Zeit für das Make-Up nehmen konnten.
Für Frau Müller (gespielt von Sylke Verheyen) kaufte ich eine Augenklappe und hatte noch ein Fläschen Narbenfluid, damit lies sich eine super Narbe über eines ihrer Augen schminken. Für Herr Müller (gespielt von Hakan Serin) nahm ich eine Tinktur Wundschorf . Ein paar Kleckse ins Gesicht plus sein phänomenales Talent zum Augen verdrehen = Illusion perfekt.
Für den männlichen Hauptdarsteller (gespielt von Jan Liem), kaufte ich eine Nackenkrause und wir nahmen ein weißes Hemd, welches wir vor Ort ein wenig in einen "Used-Look" verwandelten.
Die größte Herausforderung waren die Zähne der Frau (gespielt von Leni Speidel). Von dem ursprünglichen Plan einfach ihrer Zähne mit einem Edding schwarz zu bemalen nahmen wir Abstand, wir wussten nicht ob wir es direkt wieder abbekommen würden. Es musste ja am nächsten Tag wieder gut aussehen. Zudem hat man ein solches Bild schon oft in anderen Filmen gesehen. Also sollte es was anderes sein, etwas mehr "schimmelig-fauliges".
Ich besorgte Lebensmittelfarbe und Protefix Pulver für die Zähne. Das haben wir zusammen vermischt und eine klebrige grüne Masse bekommen, welche wir auf den Zähnen verteilen und später auch leicht wieder entfernen konnten.
Tags darauf waren wir in einer Dachwohnung in Köln mit einem super Ausblick über die Stadt. Auch hier drehten wir wieder unchronologisch. Erst begannen wir mit dem Paket öffnen, da wir dafür noch Tageslicht benötigten. Für die Einstellung nutze ich meinen alten Slider, der aber eigentlich nur für kleine und leichte Kameras ausgelegt ist. Mit dem Gewicht der Ursa + V-Mount Akku war es also nicht ganz so leicht eine weiche Kamerafahrt hinzubekommen. Nach ein paar Versuchen sollte es aber dann doch gelingen. Dennoch muss da wohl bald was neues her.
Die Szene im Schlafzimmer kam als nächstes dran, hier konnten wir mit ein paar Bettlaken das Fenster abhängen und so Nacht "simulieren". Den Ton angelten wir mit einem Rode NTG-2 und speissten es per XLR-Kabel direkt in die Ursa.
Als die Sonne langsam unterging, drehten wir die Anfangszene. Aus dem Fenster der Dachwohnung konnte man einen super Sonnenuntergang bewundern. Hier konnte die Ursa zum ersten Mal ihre 15 Blendenstufen Dynamikumfang beweisen. Mit meiner Panasonic GH4 hätte ich mich vermutlich entscheiden müssen, belichte ich die Protagonisten oder den Sonnenuntergang korrekt. Alternative wäre noch ein aufwendigeres Lichtsetup gewesen. Mit der Ursa jedoch war es ein Kinderspiel Darsteller und Sonnenuntergang gleichzeitig perfekt einzufangen.
Postproduktion:
Aufgenommen habe ich den Film in 4K RAW mit einer 4:1 Kompression. Leider kann Premiere noch kein komprimiertes CinemaDNG Format lesen, daher musste ich also den Film komplett in Davinci Resolve schneiden.
Obwohl die Software einen riesen Sprung in seiner Schnittfunktion gemacht hat, ist sie meiner Meinung nach noch immer nicht wirklich rund. Hier und da stockt es auf einmal oder es macht Dinge die man gar nicht haben wollte. Dennoch ist Resolve auf einem guten Weg und ich denke noch 1-2 Versions Updates, dann läuft der Laden. Bis dahin hoffe ich, dass Premiere endlich den Import unterstützt.
Dafür punktet Davinci Resolve dann aber bei der Farbkorrektur und die war ein Traum mit dem Ursa Mini Material. Selbst nach stundenlangem rumprobieren war ich noch immer nicht an der Spitze der Möglichkeiten mit dem RAW Material angelangt. Ich denke mal, es wird auch noch seine Zeit dauern bis man das Material der Kamera wirklich so beherrscht, dass man sein volles Potential überhaupt nutzen kann.
VFX gab es dieses Mal eigentlich nicht wirklich. Lediglich bei der Sequenz mit dem Paket öffnen habe ich mich dazu entschieden nachträglich noch "Problem-Box" auf die Kartons zu tracken. Da wir beim Dreh keine Tracking-Marker angebracht haben war es ein wenig Fummelarbeit.
Letztendlich hat es aber mit einer Kombination aus After Effects und Mocha geklappt. Auch wenn hier wieder das Problem auftauchte, das RAW Material erst umkonvertieren zu müssen, dass es die Software überhaupt lesen konnte.
Die Musik kam dieses mal von dem Studio Timbre and Texture . Gerade bei so einem Projekt ist eine gute Hintergrundmusik wichtig, denn sie hat das leichte Augenzwinkern vermittelt, damit der Film überhaupt funktioniert.
Hier nun das Ergebnis!